Suche nach verbrecher

  • In den letzten Kriegstagen passieren Häftlingskolonnen aus den Konzentrationslagern auf den Todesmärschen unsere Stadt. Der französische Schriftsteller und Resistancekämpfer Robert Antelme, beschäftigt sich später in seinen Erinnerungen mit der Gleichgültigkeit der Wernigeröder: "Als man gestern die Kameraden tötete, bummelten diese Leute ebenfalls über die Bürgersteige. Sie wissen, was sie tun, sie wissen, was man mit uns tut." 13 bis 14 Jahre alte Kinder beschimpfen die Häftlinge als Banditen und Verbrecher, einige ältere Männer gesellen sich zu den Jugendlichen.
    Reinhard Jacobs "Terror unterm Hakenkreuz" - Orte des Erinnerns in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt - S. 50
Gedenkstein an der "Steinernen Renne"
© Wolfgang Grothe
  • Am 3. April erscheint in der "Wernigeröder Zeitung - Amtliches Organ der NSDAP und der Behörden" ein Artikel mit der Überschrift "Kampf bis zum letzten Atemzug". Der Leiter der Parteikanzlei der NSDAP gibt dazu die folgende Anordnung aus: "Nationalsozialisten, Parteigenossen! Nach dem Zusammenbruch von 1918 verschrieben wir uns mit Leib und Leben dem Kampfe um die Daseinsberechtigung unseres Volkes. Jetzt ist die höchste Stunde der Bewährung gekommen: Die Gefahr erneuter Versklavung, vor der unser Volk steht, erfordert unseren letzten und höchsten Einsatz! Von jetzt an gilt: Der Kampf gegen den ins Reich eingedrungenen Gegner ist überall mit aller Unnachgiebigkeit und Unerbittlichkeit zu führen. Gauleiter und Kreisleiter, sonstige Politische Leiter und Gliederungsführer in ihrem Gau und Kreis, siegen oder fallen. Ein Hundsfott, wer seinen vom Feind angegriffenen Gau ohne des ausdrücklichen Befehl des Führers verläßt, wer nicht bis zum letzten Atemzuge kämpft, er wird als Fahnenflüchtiger geächtet und behandelt. Reißt hoch die Herzen und überwindet alle Schwächen! Jetzt gilt nur noch eine Parole: Siegen oder fallen. Es lebe Deutschland! Es lebe Adolf Hitler!" Acht Tage später endet für unsere Stadt mit der bedingungslosen Kapitulation des "Tausendjährigen Reiches" der blutigste und verbrecherischste aller Kriege.
    Wernigeröder Zeitung
Kriegsschäden in Wernigerode
© Dieter Oemler
  • Am 6. September konstituiert sich die Bodenreformkommission unter Vorsitz des stellvertretenden Landrates Falkenbach (KPD). Im Kreis Wernigerode werden in der Bodenreform 43 Güter und Betriebe über 100 Hektar sowie Betriebe von Kriegsverbrechern und Naziaktivisten mit einer Gesamtfläche von 16 116 Hektar Ackerland, Wald und Wiesen aufgeteilt. Im Kreis Wernigerode erhalten 975 Landarbeiter und landlose Bauern, 451 landarme Bauern, 293 Kleinpächter, 173 Umsiedler und 2127 Arbeiter und Angestellte Bodenreformland. Im Ergebnis der Bodenreform werden auf der Grundlage des Befehls Nr. 209 der SMAD im Kreis Wernigerode 134 Neubauernstellen geschaffen.
    Hans Behm - "Wernigerode - Ein Kreis stellt sich vor. Informationen, Fakten und Dokumente zur Entwicklung des Kreises Wernigerode seit 1945. Band 1." Kreisleitung der SED Wernigerode und Rat des Kreises Wernigerode, 1987
  • Am 2. April "kann der Marktplatz die Massen nicht fassen", die aus Betrieben, den Verwaltungen und aus den Geschäften gekommen waren, um "in einer großen Protestkundgebung öffentlich gegen das verbrecherische Treiben Bonner Politiker Stellung zu nehmen".
    Volksstimme - 3. April