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  • Das Kloster Ilsenburg unter Abt Herrandus entwickelt sich zu einem Zentrum "der Gelehrsamkeit". "Viel feyne Leute" haben "ihre Kinder der Lehre und Zucht halber in das Closter gethan, es habe da eine rechte Schule von allerley Künsten angerichtet, gelehrte Männer zu sich gezogen und erhalten, eine herrliche Bibliothek daselbst zugerichtet".
    Jacob Heinrich Delius "Nachrichten zur Gelehrten Geschichte der Grafschaft Wernigerode" 1779
  • Die Austbergwarte bei Benzingerode wird erstmals erwähnt. Sie dient dem Schutz der Kaufleute und der Sicherung der Landesgrenze derer von Reinstein und von Blankenburg. Der Wachturm wird auch von den Blankenburger Grafen unterhalten, wie die Horstbergwarte, die Heimburg und Regenstein/Blankenburg. Die Warten stehen als Verteidigungssystem auf erhöhten Punkten im Gelände und immer in Sichtweite zueinander.
    Fritz Schlimmer und Heidi Wagner - "Chronik von Benzingerode"
  • Graf Conrad zu Wernigerode borgt sich von den Ratsleuten von Wernigerode 60 Mark zu 6 Mark jährlichen Zins.
    Stadtarchiv Wernigerode - Urkundenbuch der Stadt Wernigerode
  • In ihrem Rechtsstatus gliedert sich die Bevölkerung von Wernigerode in Ritter, Konsuln und Bürger. Neben diesen gibt es "Mitwohner", die über kein Bürgerrecht verfügen. Bis um 1400 bilden den Rat der Stadt, also die "Konsuln", die Ritter und Kaufleute. Auch das Amt des Land- und Stadtvogts wird von Rittern im Auftrag des Grafen wahrgenommen.
    Dr. von Gynz-Rekowski "Wernigerode Chronik"
  • Die Ritter treten in der Stadt kaum noch in Erscheinung. Die Bürgerschaft, besonders die Handwerker und Kaufleute, vertritt im Rat die Interessen der Bevölkerung. In Wernigerode hatte sich nie ein Patrizierstand herausgebildet. Als gräfliche Dienstleute verfügten die adligen Ritter in der Stadt über einen von Abgaben freien Ritterhof. Die Ritter unterstanden dem Grafen und standen ihm auch für den Kriegsdienst zur Verfügung.
    Dr. von Gynz-Rekowski "Wernigerode Chronik"
  • Der Rat zu Wernigerode gestattet den armen Leuten des Spitals St Jürgen vor der Stadt 5 Mark jährlichen Zinses und "Gülte", die sie in der Stadt haben, "schossfrei" aufzunehmen.
    Stadtarchiv Wernigerode - Findbuch zum Bestand
  • Am 1. Mai schenken Heinrich, Graf zu Stolberg, und die Stadt Wernigerode den Petersberg den "armen leuten" des St.Georgii-Hospitals. Seitdem wird der Berg Armeleuteberg (ab 1671 ständig so) genannt.
    EURO - Reiseziele "Wernigerode - Die bunte Stadt am Harz" - S.85
  • Heinrich Graf zu Stolberg und Wernigerode befreit auf Bitten des Rates der Altstadt Wernigerode die "alten und siechen Leute zu St. Jürgen" von den bisherigen jährlichen 10 Schilling Zinsen, die sie der Herrschaft zu geben hatten von ihrem "Holzblek neben der Hasenhecke vorn Schoete".
    Stadtarchiv Wernigerode - WR/VII/A/2/13
  • Der Rat von Wernigerode erklärt in einer Urkunde, dass der Lindenberg nicht in die "Achtwort", und nicht nach Hasserode gehört, sondern dass ihn Rat und Gemeinde Wernigerode gleich anderen Gehölzen von Gnaden der Herrschaft Stolberg innehaben. Die "Landleute der Achtwort" haben kein Eigentum, sondern nur eine Zulassung und Nutzung entsprechend des "Gnadenbriefes".
    Stadtarchiv Wernigerode - Urkundenbuch Teil II Band 1 (1461-1487) - Nr.310
  • Der Bau des "Salvatoris - Hospitals" oder auch "Das neue Haus", eine Stiftung Heinrich Horns aus dem Jahre 1534 "für 12 arme lahme, blinde Leute", wird vollendet.
    Dr. A. Friederich "Geschichte der Wohlthätigkeits-Anstalten Wernigerodes"  1863
  • Fünf adlige Ritter, als gräfliche Dienstleute, verfügen in der Stadt über einen Ritterhof, einen von Abgaben freien Hof.
  • Während des Dreißigjährigen Krieges wird Benzingerode von kaiserlichen Soldaten ("Isolanische Croaten") besetzt. Ein Oberst Kraft mit seinen Leuten ruinierte und plünderte das Dorf. Sie zerhauen Obstbäume, zertrampeln Saaten, beschädigen die Kirche und rauben sie aus. Die relativ kurze Besatzungszeit im Frühjahr 1638 reicht aus, Benzingerode auf lange Zeit ins Elend zu stürzen.
    Benzingerode - Geschichte und Geschichten eines Dorfes am Harzrand 2013
  • Im November und Dezember wechseln sich raubend und mordend umherziehende Trupps kaiserlicher und schwedischer Soldaten ab.  In die Stadt sind am 22. November "ungefähr 300 Kaiserliche Reiter unterm Herrn Obersten Ludwig Freiherrn von Novari dargestoßen, mit Order vom Erzherzog Durchl., darauf man sie eingelassen, und einquartirt. Haben große Insolentien gebraucht und die Leute mit schrecklichen Exekutionen und Geld Pressen heftig geplaget..."
    Jacob Klingsporn "Kleine Chronik von Wernigerode aus den Jahren 1641 bis 1664"
  • Der ehemalige Petersberg, "der Arme Lude holt", wird fortlaufend "Armeleuteberg" genannt.
  • Die spätere Silstedter Traditionsgaststätte "Zum Eichbaum" wird als "Gemeindekrug" erbaut und entwickelt sich für lange Zeit als ein Haltepunkt für Kaufleute, die auf den Weg in den Harz Rast halten und Pferde ausspannen.
    Volksstimme - S.13 vom 30.12.2014
Gemeindeschenke "Zum Eichbaum" um 1900 in Silstedt
© Archiv Silstedt
  • Die preußische Kolonie Friedrichstal (heute Hasserode) wird durch König Friedrich II. von Preußen gegründet. Die Kolonie besteht aus 127 Kolonistenhäusern, ein Straßendorf, beginnend am Westerntor/Flutrenne bis zur heutigen Straße "Freiheit" und verbindet Hasserode mit Wernigerode. Hier gelegenes Blaufarbenwerk (Kobald/Wismut) und Sägemühle sind gräflich ("Freiheit" = Siedlung der Bergleute, da ihnen Freiheit von sonst gültigen Steuern und Diensten zustand).
    Dr. von Gynz-Rekowski "Wernigerode Chronik" - S.30/31
König Friedrich II. von Preußen
© Wolfgang Grothe
  • Die Stadt zählt 18 Kaufleute, 423 Zunfthandwerker, 68 Fuhrleute.
  • Die stärksten Gewerbe sind in der Stadt die Bierbrauer mit 148 "Berechtigten", 53 Branntwein-Brenner, 18 Kaufleute und 16 Oelmüller. Die stärksten "Professionisten" sind die Schuster (111), Schneider (66), Leinweber (43), Bäcker (23), Tischler (18), Schmiede (15) und Böttcher (15).
    Wernigerödisches Intelligenzblatt
  • In den Jahren 1860 bis 1880 beginnen in Wernigerode große Veränderungen. Im Heideviertel werden die Spuren des letzten großen Stadtbrandes von 1847 beseitigt. Zur bisherigen Bevölkerungsstruktur mit Kaufleuten, Ackerbürgern, Handwerkern und Tagelöhnern kommen als Folge der ökonomischen Entwicklung vermehrt Arbeiter hinzu. Die Einwohnerzahl steigt von 6.936 auf 9.110 an.
    Hermann Dieter Oemler "Archivbilder Wernigerode" 2007
nach dem Stadtbrand 1847
© Fotothek Harzbücherei
  • Um das Jahr 1870 bauen die Wernigeröder Kaufleute bevorzugt ihre Handelshäuser in der oberen Burgstraße. Diese ist auch die wichtigste Verbindung zwischen der Stadt und dem Schloss sowie dem Flecken Nöschenrode.
Obere Burgstraße um 1900
© Dieter Oemler
  • Die Fabrik von Carl Otto Bolle in der heutigen Schreiberstraße 7 geht in den Besitz der Kaufleute Paul August Roch und Ernst Reiche über, die hier eine Kornbrandweinbrennerei gründen.
    Otmar Groß "Erinnerungen aus Wernigerode: Gechichten alter Unternehmen Band 1" 2012
  • Im März wird durch Graf Otto für alle im gräflichen Dienst stehenden Berg- und Hüttenleute, Köhler, Holzhauer, Forst-, Steinbruch-, Garten- und Waldarbeiter, Fuhrleute und Tagelöhner die Krankenfürsorge verbessert. Desweiteren wird eine "Arbeiter-Pensionskasse" gebildet, aus der Renten an Witwen, Invaliden und Waisen gezahlt werden.
    Konrad Breitenborn "Schwarzer Hirsch im goldenen Feld - Geschichten um Schloß Wernigerode aus neun Jahrhunderten" 1990 - S.116
Alte Köhlerkate im Harz
© Gerhard Bombös
  • Am 24. März schicken Ilsenburger Hüttenleute an den Grafen Otto eine Petition mit 106 Unterschriften, in der sie Lohnerhöhungen, eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit von 12 auf 10 Stunden und eine Aufhebung der "Hüttenordnung" von 1832 fordern. Graf Otto ist über das Ansinnen zunächst empört. Eine Woche später wird die Arbeitszeit der 430 Arbeiter auf zehneinhalb Stunden gekürzt.
    Konrad Breitenborn "Schwarzer Hirsch im goldenen Feld - Geschichten um Schloß Wernigerode aus neun Jahrhunderten" 1990 - S.115
  • Auf der Bergkuppe des Armeleuteberges wird eine kleine Schutzhütte, das Ahrendshäuschen, gebaut. Benannt wurde es nach dem privaten Stifter Kaufmann und Stadtrat Ferdinand Ahrends.
  • Auf dem 478 Meter hohen Armeleuteberg wird am 1. September der Kaiserturm nach dreimonatiger Bauzeit zu Ehren Kaiser Wilhelm II. übergeben. Die Bausteine aus Harzer Granitstein stammen hauptsächlich aus dem Steinbruch Königsberg bei Schierke. Der 12 Meter hohe Turm wurde vom fürstlich-stolbergischem Baumeister Paul Kilburger entworfen und vom Wernigeröder Hotelier Eduard Lührmann finanziert.
    Dr. von Gynz-Rekowski "Wernigerode Chronik"
Einweihung des Kaiserturms
© Fotothek Harzbücherei
  • Auf dem Armeleuteberg wird am 29. Mai der Grundstein für den Bau des Kaiserturms gelegt.
Grundsteinlegung für den Bau des Kaiserturms auf dem Armeleuteberg
© Dieter Oemler
  • Auf dem Armeleuteberg baut der Selterswasserfabrikant Ermisch ein Hotel.
    Hermann Dieter Oemler "Archivbilder Wernigerode" 2007 - S.36
Hotel des Selterswasserfabrikanten "Ermisch" auf dem Armeleuteberg
© Dieter Oemler
  • Am 20. Mai wird das "Berghotel Armeleuteberg" mit Restaurant und sechs Fremdenzimmern eingeweiht. Erster Pächter ist Ewald Ritter.
    Dr. von Gynz-Rekowski "Wernigerode Chronik" - S.70
  • Der "Harzer Wintersport-Verband in der Grafschaft Wernigerode" wird am 14. Februar von 20 Personen im Hotel "Weißer Hirsch" gegründet. Eine Rodelbahn am Nordhang des Armeleuteberges wird angelegt. Vorstandsmitglieder aus der Stadt sind Oberförster Koch und die Kaufleute Ortenberg, Eigendorf und Niehoff.
    Dr. von Gynz-Rekowski "Wernigerode Chronik" - S. 77
  • Das erst 1905 auf dem Armeleuteberg erbaute Hotel brennt in der Nacht zum 17. Februar vollständig ab.
    Dr. von Gynz-Rekowski "Wernigerode Chronik" - S. 70
Berghotel "Armeleuteberg"
© Stadtarchiv Wernigerode PK VI/61
  • Alljährlich suchen die "Pankgrafen", eine Vereinigung Berliner Kaufleute, eine Stadt im Deutschen Reich "heim". In diesem Jahr ist es, am 16. Juni, Wernigerode. In einem "Fehdebrief" fordern sie ihr Tribut von einigen hundert Schweinen. In einer "Schlacht" wird Wernigerode erobert und ein großes "Siegesfest" gefeiert.
    Hermann Dieter Oemler "Archivbilder Wernigerode" 2007 - S.49
"Siegesfest" der "Pankgrafen" 1911 auf dem Marktplatz  
© Dieter Oemler
  • Die Stadt selbst übernimmt den Wiederaufbau des im letzten Winter abgebrannten Hotels auf dem Armeleuteberg. Ein schöneres, größeres und stattlicheres Hotel wird am 15. Dezember für die Besucher eröffnet. Der Pächter Heinrich Großhennig bietet im Restaurant auch Tanzveranstaltungen für die Wernigeröder und ihre Gäste an.
    Otmar Groß "Erinnerungen aus Wernigerode: Gechichten alter Unternehmen Band 1" 2012
  • Am 30. Dezember wird auf einer kleinen Schanze im Bibenstal am Armeleuteberg der erste Wernigeröder Sprunglauf ausgetragen.
  • Am 7. Juli bricht in "einem unserer kostbarsten städtischen Baudenkmäler, dem Gerlitzschem alten Haus in der Breiten Straße" ein Feuer aus und verursacht große Schäden. Zwei Feuerwehrleute werden beim Einsatz schwer verletzt.
    Wernigeröder Tageblatt - Wernigeröder Tageblatt - Volksblatt für die werktätige Bevölkerung des Harzes - 08.07.1923
alte Ansichtskarte des "Gerlitzhauses"
© Stadtarchiv Wernigerode PK III 0154
  • Am 8. und 9. September herrschen in Wernigerode bürgerkriegsähnliche Verhältnisse, über die in der Presse deutschlandweit berichtet wird. Trotz polizeilichen Verbotes eines Aufmarsches zum sogenannten "Deutschen Tag" der eigentlich verbotenen ultrarechten "Mitteldeutschen Arbeiterpartei" sind mit der Bahn Hunderte angereist. Gleichzeitig versammeln sich in der Nacht vom 8. zum 9. September am "Monopol" 1500 Arbeiter, die sich in einer aufgeheizten Stimmung den Stahlhelmern und Nationalisten entgegenstellen. "Nur der ausgezeichneten Disziplin des Republikanischen Sicherheitsdienstes und der überlegenen Ruhe des Gewerkschaftsvorsitzenden Jonas ist es zu verdanken, dass die Leute vom Stahlhelm nicht glatt vernichtet worden sind und ein größeres Blutbad nachfolgte".
    Wernigeröder Tageblatt - Wernigeröder Tageblatt - Volksblatt für die werktätige Bevölkerung des Harzes - Amtlicher Bericht über die Vorgänge in Wernigerode am 8. und 9. September
  • Die Not der Bevölkerung, insbesondere der Arbeitslosen, nimmt dramatische Formen an. Ab 1. November verständigen sich Geschäftsleute in Nöschenrode und stellen unentgeltlich Lebensmittel zur Verfügung. Als erste spenden die Bäckermeister Kupfer, Blumeier, Wiecker, Liesmann und Querfurt je 10 Brote. Dieser Aktion schließen sich sehr viele Geschäftsinhaber in Wernigerode und Hasserode an und spenden Kartoffeln, Kakao, Nudeln, Mehl u.a.
    Wernigeröder Tageblatt - Wernigeröder Tageblatt - Volksblatt für die werktätige Bevölkerung des Harzes
  • Am 24. Januar wird die große Sprungschanze am Nordhang des Armeleuteberges eingeweiht. Nahezu 2000 Zuschauer verfolgen begeistert dieses für Wernigerode neue Ereignis.
    Wernigeröder Zeitung und Intelligenzblatt
  • Am 15. Januar soll im Kurhaussaal, dem späteren Stadtgarten, mit Anton Franzen der erste NSDAP-Landesminister des Freistaates Braunschweig sprechen. Das Wernigeröder "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" demonstriert mit etwa 1.000 Teilnehmern gegen die Veranstaltung. Nachdem NSDAP-Leute eine Schlägerei anzetteln, wird die Veranstaltung im Kurhaussaal aufgelöst und die Nazis fliehen über den Lindenberg.
    Ralf Mattern "Die schwarze Grafschaft wird rot" 2005
Die "Schufo" (Schutzformation), die Elitetruppe des Wernigeröder "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" etwa 1931, deren Angehörige Grünhemden, Schulterriemen, blaue Mützen und schwarze Breecheshosen trugen, in der Nähe des Büchenbergs.
© Ralf Mattern: Orte der Wernigeröder Arbeiter- und Demokratiebewegung: Ein historischer Rundgang durch die Stadt und die Ortsteile
  • "Reichsinnenminister" Frick erklärt am 22. Juni die SPD zur "volks- und staatsfeindlichen Organisation". Bereits in den ersten Monaten nach der Wahl sind die Abgeordneten der SPD und der KPD auch in Wernigerode fortwährender Verfolgung und dem Terror der braunen Machthaber ausgesetzt und ihr Widerstand wird gebrochen. Führende 81 SPD-Mitglieder werden am 24. Juni verhaftet, durch die Straßen getrieben und in der Turnhalle der SA-Führerschule in der Ilsenburger Straße mißhandelt. Später wird dieses Vorgehen als "Schandmarsch" bezeichnet. Zu den misshandelten SPD-Mitgliedern gehören u.a. der langjährige Zweite Bürgermeister und Gewerkschaftssekretär Herrmann Paul Reichardt, der Fraktionsvorsitzende der SPD Otto Goedecke sowie der Gewerkschaftsvorsitzende Max Otto. Durch besonderen Sadismus zeichneten sich die Wernigeröder SA-Leute Erich Göbel und Georg Baetge aus.
    Volksstimme - 1. und 3. Juli 2013 / Beitrag von Ralf Mattern "Der Schandmarsch"
Verhaftung von Funktionären der SPD 1933
© Dieter Oemler
  • Das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vom 14. Juli 1933 ist für den Kreisarzt Medizinalrat Dr. Jancke seit 1934 die gesetzliche Grundlage, nach Hinweisen aus der Wernigeröder Ärzteschaft für viele Frauen, aber auch einzelnen Männern aus dem Kreisgebiet beim "Erbgesundheitsgericht Halberstadt" den Antrag auf "Unfruchtbarmachung" zu stellen. Im Kreis Wernigerode regt sich auch Widerstand gegen die überdurchschnittlich hohe Anzahl der Anträge. In einem geheimen Schreiben wendet sich der Landrat an die Ortspolizeibehörden und fordert diese auf, gegen das "Sabotieren des Gesetzes und die Propaganda mit aller Härte" vorzugehen. Ein Ortsbürgermeister soll geäußert haben, dass die Leute nach seinem Dafürhalten nicht erbkrank sind. Die Staatsanwaltschaft leitet ein Ermittlungsverfahren gegen den Bürgermeister ein.
    Stadtarchiv Wernigerode - Geheime Tagebuchnummer der Wernigeröder Polizeibehörde 1299
  • Am 2. Januar findet im "Hotel Monopol" eine Sitzung der "Betriebsobleute" (Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation - NSBO) aus den Wernigeröder Groß- und Kleinbetrieben unter dem Motto "Die Volksgemeinschaft marschiert" statt. Bis auf wenige Ausnahmen nehmen alle "Obleute" daran teil. "Pg. Geye" referiert über das Thema "Richtet nicht wieder Mauern auf zwischen Unternehmer und Mitarbeiterschaft". (Mitglieder der NSDAP werden "Pg." - Parteigenosse - genannt.)
    Wernigeröder Zeitung und Intelligenzblatt
  • Der Landrat weist am 28. Dezember den Leiter der Wernigeröder Polizeibehörde "im Auftrage des Regierungspräsidenten" an, "gegen Leute, die das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses sabotieren, mit aller Schärfe vorzugehen".
    Stadtarchiv Wernigerode - Geheime Tagebuchnummer der Wernigeröder Polizeibehörde 1299
  • Wie überall im Deutschen Reich wird auch in Wernigerode der Tag der Machtübernahme 1933 durch die NSDAP als Erinnerungstag begangen. In den frühen Morgenstunden des 30. Januar werden die "Wernigeröder Volksgenossen" durch "Hörnerklang einer SA-Einheit geweckt". In den Vormittagsstunden "stehen die Schaffenden an ihrem Arbeitsplatz, an dem Arbeitsplatz, den ihn der Führer erhalten oder neu geschaffen hat". Ab 13 Uhr begeben sich, angeführt durch den "Betriebsführer, alle Gefolgschaftsleute" in vorher festgelegte Veranstaltungsräume, Gaststätten, Kinos u.a., "um gemeinsam die Übertragung der Rede des Führers im Radio anzuhören". Zeitzeugen berichten später, dass während der Übertragung der Rede die Plätze und Straßen der Stadt menschenleer waren. Der Abend endet mit einem Fackelumzug der SS,SA,"politischen Leitern", AF, HJ und BDM. Die "Parteigenossen der NSDAP" kommen abends im "Stadtgarten" zu einem "Kameradschaftsabend" zusammen.
    Wernigeröder Zeitung und Intelligenzblatt - 01.02.1937
  • In den letzten Kriegstagen passieren Häftlingskolonnen aus den Konzentrationslagern auf den Todesmärschen unsere Stadt. Der französische Schriftsteller und Resistancekämpfer Robert Antelme, beschäftigt sich später in seinen Erinnerungen mit der Gleichgültigkeit der Wernigeröder: "Als man gestern die Kameraden tötete, bummelten diese Leute ebenfalls über die Bürgersteige. Sie wissen, was sie tun, sie wissen, was man mit uns tut." 13 bis 14 Jahre alte Kinder beschimpfen die Häftlinge als Banditen und Verbrecher, einige ältere Männer gesellen sich zu den Jugendlichen.
    Reinhard Jacobs "Terror unterm Hakenkreuz" - Orte des Erinnerns in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt - S. 50
Gedenkstein an der "Steinernen Renne"
© Wolfgang Grothe
  • Auf der Sitzung der Wernigeröder Stadtverordneten am 4. Mai wird bekannt gegeben, dass sich der Pächter des "Stadtgartens", die Eheleute Kindervater, per "Zusatzvertrag" verpflichtet haben, "auf ihre Kosten die Kegelsporthalle zu einem modernen Lichtspieltheater auszubauen". Dafür würde die Stadt bei der Erhebung der Pacht für den Stadtgarten den Kindervaters entgegenkommen. Möglicherweise kam es jedoch zu einem Zerwürfnis, denn noch 1946 beauftragt Stadtbaurat Willi Deistel den Architekten Wenner, die Kegelhalle zu einem Kino auszubauen.
    Ralf Mattern - "Vom Kaiser-Panorama zum Filmpalast" - Die Wernigeröder Kinogeschichte ab 1897
  • Vor der Großen Strafkammer des Landgerichts müssen sich die hauptverantwortlichen SA-Leute für den "Schandmarsch" 1933 verantworten. 80 Sozialdemokraten waren von sadistischen SA-Leuten zum Teil schwer misshandelt worden. Wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" werden der 47 Jahre alte Buchdrucker Erich Göbel (Hauptverantwortlicher), der 49 Jahre alte Hilfsschleifer Georg Baetge, der 49 Jahre alte Landwirt Bernhard Müller, der 48 jährige Maurer Gustav Heise, der 43 Jahre alte Tischler Hugo Heise und der 38 Jahre alte Former Hans Vick aus Wernigerode zwischen zehn Jahren und einem Jahr plus zwei Monaten Zuchthaus bzw. Gefängnis verurteilt.
    Volksstimme - 22.10.1948 und Recherche von Ralf Mattern "SA-Leute werden nach ´Schandmarsch` verurteilt"
1948 beginnt der Prozess gegen die für den "Schandmarsch" von 1933 verantwortlichen SA-Leute
© Fotothek Harzbücherei
  • Die Handelsorganisation "HO" übernimmt das Ausflugslokal "Armeleuteberg".
  • Die Stadt zählt am 30. Juni 35 435 Einwohner. 194 Wohnungen für junge Eheleute wurden durch Modernisierungsarbeiten neu gewonnen und für ältere Bürger mit Hilfe von Betrieben und Wohnbezirken 517 Wohnungen renoviert.
Marktstraße 13
© Dieter Oemler
  • 777 Brautpaare heiraten im Rathaus Wernigerode. Es ist zur Tradition geworden, dass die Brautleute nach der Trauung ihre Brautsträuße an der "Gedenkstätte der Arbeiterklasse" ablegen.
Eheschließung im Rathaus Wernigerode© Wolfgang Grothe
  • Die Studenten und Studentinnen der Agraringenieurschule (AIS) Wernigerode beteiligen sich unter Anleitung und Betreuung von Lehrern und Fachleuten der Landwirtschaft aus dem Kreis Wernigerode jährlich an der "Messe der Meister von Morgen" (MMM). Ziel der Bewegung ist die schöpferische und innovative Verbindung von Theorie und Praxis durch die Bearbeitung selbst ausgewählter Projekte.
MMM an der AIS Wernigerode - Preisträger 1986
© AIS Wernigerode
  • Am 18. September wollen Studenten des "Katechetischen Seminars", wie Cristina Schulz und ursprünglich auch der dann allerdings im August über Ungarn nach Westdeutschland geflohene Stefan Hilchenbach sowie Aktivisten des Wernigeröder "Friedenskreises", wie Ludwig Hoffmann, in der "Kontaktlinse", dem "Diensthaus" des Jugendpfarrers Karl-Heinz Nickschick, einen Ableger der Berliner "Umweltbibliothek" gründen. Das "Kulturprogramm" soll der Wernigeröder Liedermacher Ralf Mattern, dessen Band "Flexibel" mit einem Auftrittsverbot belegt ist, gestalten. Durch die damalige Dynamik der gesellschaftlichen Krise in der DDR steht jetzt jedoch die Gründung des "Neuen Forum" an. Etwa eineinhalb Dutzend Leute versammeln sich im Oberpfarrkirchhof 6. Der Aufruf wird von 16 der Anwesenden unterzeichnet, wie sich Pfarrer Peter Lehmann erinnert.
    Ralf Mattern "Orte der Wernigeröder Arbeiter- und Demokratiebewegung - Ein historischer Rundgang durch die Stadt und die Ortsteile" 2017
Bild aus dem Jahr 1963
© Stadtarchiv Wernigerode
  • Der Kaiserturm auf dem Armeleuteberg wird grundlegend saniert und wieder begehbar gemacht.
  • In der Nacht zum 7. Mai zerstört ein Brand das Wohnhaus Hinterstraße 5 im Heidequartier mit dicht an dicht stehenden historisch sehr bedeutsamen Fachwerkhäusern. Einhundert Feuerwehrleute können ein Übergreifen des Brandes auf andere Gebäude verhindern.
    Harzer Volksstimme
Brand in der Hinterstraße in der Nacht zum 7. Mai
© Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord Polizeirevier Harz Pressestelle
  • Seit 24. September unterstützen Bundeswehrsoldaten die Forstleute im Wernigeröder Stadtwald im Kampf gegen den Borkenkäfer. Geplant ist, dass die Soldaten, die aus den Logistikbataillonen Burg und Belitz kommen, im Rahmen des Hilfegesuchs des Landes Sachsen-Anhalts die betroffenen Waldbesitzer bei der Bewältigung der derzeitigen Waldschäden unterstützen. Der Einsatz ist bis zum 2. Oktober vorgesehen. Die Männer werden die Forstarbeiter beim Abschälen von Baumrinden unterstützen, damit der Buchdrucker keine Möglichkeit mehr zum Überwintern hat. Ziel ist es, durch diese Maßnahme den angrenzenden gesunden Waldbestand nachhaltig zu schützen. Weitere Unterstützung erhalten die Forstarbeiter und Soldaten übrigens auch durch Forstlehrlinge des Landeszentrum Wald.
    Stadtverwaltung Wernigerode/ Pressestelle
Die Bundeswehr im Stadtwald
© Winnie Zagrodnik