Wernigerode im Jahr 1966
Auf der Kreistagssitzung am 5. Januar informiert der Kreisgerichtsdirektor, dass der "Anteil der Jugendlichen an der Gesamtkriminalität des Kreises Wernigerode" bei 51% liegt, "wobei die Grenzverbrechen im Vordergrund stehen". Nach seiner Auffassung sollten "Grenzverbrechen nicht mit Abenteuerlust Jugendlicher begründet" werden. Die Ursachen lägen im "Zurückbleiben des Bewusstseins hinter dem Sein", im "Einfluss der kapitalistischen Welt", im "Egoismus, Rücksichtslosigkeit und mangelhafte Achtung vor den Mitbürgern", in den "Mängeln bei der Erziehung", im "Alkoholmissbrauch", in der "Arbeitsbummelei" und in "Mängeln der ideologischen Arbeit".
Am 18. März erhalten im Sitzungssaal des Rathauses 130 Kandidaten und Mitglieder der SED ihre Dokumente durch das Sekretariat der Kreisleitung. In den sechziger Jahren bis zur so genannten "Wende" hat die Kreisparteiorganisation der SED ständig zwischen 9000 und 10000 Mitglieder und Kandidaten. Das bedeutet, dass der SED ca. 10% der Einwohner des Kreises angehörten.
Am 19. April findet im Stadtgarten eine Festveranstaltung aus Anlass des 20. Jahrestages der Gründung der SED statt. Höhepunkt in der Vorbereitung des Jahrestages sind Rechenschaftslegungen der Parteiorganisationen aus Betrieben der Industrie und der Landwirtschaft, aus Schulen und staatlichen Institutionen vor Mitgliedern des Sekretariats der Kreisleitung der SED.
Kontingentierte Baumaterialien wie Zement, Mauersteine, Dachziegel, Dachpappe u.a. werden vom Rat der Stadt verteilt. Der Stadtbaudirektor erklärt dazu: "Diese Maßnahme liegt im Interesse unserer Bevölkerung, da der Baustoffhandel nicht befugt ist, diese Baustoffe z.B. für massive Wochenendhäuser und massive Garagen abzugeben. Für solche Baumaßnahmen werden unsererseits...keine Baugenehmigungen mehr erteilt."
In diesem Jahr endet die traditionelle private Tierhaltung. Die Herden des robusten Harzer Höhenviehs aus den drei Wernigeröder Stadtteilen wurden jeweils von Mai bis Oktober täglich von einem Kuhhirten auf die Waldweiden getrieben.
Die Tierhaltung wird von den LPG Tierproduktion übernommen, allerdings, aufgrund zu geringe Produktivität, ohne das Harzer Höhenvieh.