Wernigerode im Jahr 1945

  • Der Kreisleiter der NSDAP, Detering, eröffnet am 6. Januar die Offensive des "Volksopfers" - einer Sammlung für Wehrmacht und Volkssturm. Was entbehrlich ist, muss abgegeben werden.

  • Am 30. Januar jährt sich zum 12. Male der Tag der Machtübernahme der NSDAP, der in einer "besinnlichen Feierstunde" der Partei im Wernigeröder "Stadtgarten" begangen wird. In einer Ansprache betont der "Reichshauptamtsleiter Pg Dr. Steg": "Harte Monate des Aufbaus und des Kampfes sind seitdem vergangen. Neiderfüllt blicken unsere Feinde auf die stolzen Errungenschaften Adolf Hitlers und seiner Getreuen. Missgunst und Hass waren die Folgen, die zu dem gewaltigen Völkerringen führten, das besonders in unsren Tagen von einem unvorstellbaren Heroismus des deutschen Volkes getragen wird".

Der große Saal im "Stadtgarten" dem früheren "Städtischen Kurhaus"
- Gerhard Bombös
Der große Saal im "Stadtgarten" dem früheren "Städtischen Kurhaus" - Gerhard Bombös
  • Die "Wernigeröder Zeitung" erscheint am 27. Februar unter der Schlagzeile: "Sieg der Bewegung wird zum deutschen Sieg".

  • In Wernigerode wird am 22. März ein Wehrmachtshelferinnen-Korps der Luftwaffe gebildet.

  • Am 25. März findet im "vollbesetzten Stadtgarten eine würdige Veranstaltung statt", in der Kreisschulungsleiter Hildebrand anlässlich des Schulabschlusses der Grundschüler eine Rede hält. "Mit der Entlassung aus der Schule beginnt nun ein völlig neuer Lebensabschnitt, der unsere 14 und 15 jährigen Jungen und Mädeln vor gänzlich neue Aufgaben stellt".

  • Alle sich in Wernigerode aufhaltenden Flüchtlinge werden am 27. März aufgefordert, sich in einer Meldestelle registrieren zu lassen.

  • Am 3. April erscheint in der "Wernigeröder Zeitung - Amtliches Organ der NSDAP und der Behörden" ein Artikel mit der Überschrift "Kampf bis zum letzten Atemzug". Der Leiter der Parteikanzlei der NSDAP gibt dazu die folgende Anordnung aus: "Nationalsozialisten, Parteigenossen! Nach dem Zusammenbruch von 1918 verschrieben wir uns mit Leib und Leben dem Kampfe um die Daseinsberechtigung unseres Volkes. Jetzt ist die höchste Stunde der Bewährung gekommen: Die Gefahr erneuter Versklavung, vor der unser Volk steht, erfordert unseren letzten und höchsten Einsatz! Von jetzt an gilt: Der Kampf gegen den ins Reich eingedrungenen Gegner ist überall mit aller Unnachgiebigkeit und Unerbittlichkeit zu führen. Gauleiter und Kreisleiter, sonstige Politische Leiter und Gliederungsführer in ihrem Gau und Kreis, siegen oder fallen. Ein Hundsfott, wer seinen vom Feind angegriffenen Gau ohne des ausdrücklichen Befehl des Führers verläßt, wer nicht bis zum letzten Atemzuge kämpft, er wird als Fahnenflüchtiger geächtet und behandelt. Reißt hoch die Herzen und überwindet alle Schwächen! Jetzt gilt nur noch eine Parole: Siegen oder fallen. Es lebe Deutschland! Es lebe Adolf Hitler!"

    Acht Tage später endet für unsere Stadt mit der bedingungslosen Kapitulation des "Tausendjährigen Reiches" der blutigste und verbrecherischste aller Kriege.

Kriegsschäden in Wernigerode
- Dieter Oemler
Kriegsschäden in Wernigerode - Dieter Oemler
  • In den letzten Kriegstagen passieren Häftlingskolonnen aus den Konzentrationslagern auf den Todesmärschen unsere Stadt. Der französische Schriftsteller und Resistancekämpfer Robert Antelme, beschäftigt sich später in seinen Erinnerungen mit der Gleichgültigkeit der Wernigeröder: "Als man gestern die Kameraden tötete, bummelten diese Leute ebenfalls über die Bürgersteige. Sie wissen, was sie tun, sie wissen, was man mit uns tut." 13 bis 14 Jahre alte Kinder beschimpfen die Häftlinge als Banditen und Verbrecher, einige ältere Männer gesellen sich zu den Jugendlichen.

Gedenkstein an der "Steinernen Renne"
© Wolfgang Grothe
Gedenkstein an der "Steinernen Renne" © Wolfgang Grothe
Gedenkstein auf dem Friedhof Minsleben
© Wolfgang Grothe
Gedenkstein auf dem Friedhof Minsleben © Wolfgang Grothe
  • Der Standortführer der Hitlerjugend befiehlt allen Hitlerjungen und Pimpfen des Standortes Wernigerode am 7. April um 7:00 Uhr auf dem "Gymnasialturnhof" zum Dienst anzutreten. "Mitzubringen sind Schaufeln und Spitzhacken. Erscheinen aller ist Pflicht".

Bombenschäden in der Breiten Straße
- Stadtarchiv Wernigerode
Bombenschäden in der Breiten Straße - Stadtarchiv Wernigerode
  • Im Zweiten Weltkrieges sind in der Stadt Wernigerode insgesamt 7727 ausländische Zwangsarbeiter bei ca. 300 Wernigröder Arbeitgebern (Betriebe, Einrichtungen, Handwerker und Privathaushalte) beschäftigt.

    Die größten Kontingente kamen aus Belgien (2388), Frankreich (1959), der Sowjetunion (1838), den Niederlanden (623), Polen (548) und der Tschechoslowakei (308).

  • In den letzten Kriegstagen wird auf Befehl des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht im Harz eine neue 11. Armee aufgestellt. Die Führung übernimmt am 8. April General Walther Lucht, der den nur eine Woche kommandierenden General Albert Kesselring ablöst.

    In seinen Lebenserinnerungen von 1953 spricht Kesselring von einer "Festung Harz".

    Spätere historische Forschungen widerlegen die Existenz einer solchen "Festung Harz" und bewerten diese als einen "Mythos".

  • Am 11. April erscheint in Wernigerode die letzte Ausgabe der Tageszeitung "Wernigeröder Zeitung - Nationalzeitung für den Harz - Amtliches Organ der NSDAP und der Behörden" (Jahrgang 150, Nr. 84)

    Es wird darin behauptet, dass in den "feindbesetzten Gebieten...Feindschaft und Widerstand gegen Eindringlinge" durch die deutsche Bevölkerung herrscht. "Kein alliierter Soldat ist seines Lebens sicher".

Letzte Ausgabe der "Wernigeröder Zeitung" vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges  
- Stadtarchiv Wernigerode
Letzte Ausgabe der "Wernigeröder Zeitung" vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges   - Stadtarchiv Wernigerode
  • Die Wernigeröder Zeitung - Nationalzeitung für den Harz - Amtliches Organ der NSDAP und der Behörden informiert am 11. April, "dass auf Grund der Bestimmungen über die Jugenddienstpflicht auch im Jahre 1945 alle 10jährigen Jungen und Mädel im Dienst der Hitlerjugend zu erfassen und anzumelden sind".


	
		
	
	
		
			Die Lage um Wernigerode am 11.04.1945
		
	

- Stadtarchiv Wernigerode
Die Lage um Wernigerode am 11.04.1945 - Stadtarchiv Wernigerode
  • In eigener Lebensgefahr gehen am Mittag des 11. April der Lazarettchefarzt Dr. Kolbe, der Chirurg des Lazaretts Dr. Friedrich und der Lazarettpfarrer Konrad Schnabel den bei Darlingerode anrückenden amerikanischen Truppen entgegen, um jede Beschießung der Stadt zu vermeiden. Trotz dieser erfolgreichen Verbindungsaufnahme kommt es zu Schießereien zwischen Krankenhaus und Westerntor, verursacht durch verblendete und leidenschaftlich gebärdende Hitlerjungen. Die Schießerei kostet 20 Menschen das Leben.

Der amerikanische Kampfkommandant in Wernigerode
- Archiv Mahn-und Gedenkstätte
Der amerikanische Kampfkommandant in Wernigerode - Archiv Mahn-und Gedenkstätte
  • Oberst Gustav Petri, Kommandant für das rückwärtige Armeegebiet der 11. Armee im Harz, wird am 12. April vermutlich bei Drei Annen-Hohne von Mitgliedern des Armeeoberkommandos (darunter auch SS) erschossen, nachdem er den Befehl verweigert, Wernigerode in eine Kampfzone einzubeziehen und gegen die anrückenden amerikanischen Einheiten zu verteidigen. Die Stadt bleibt weitgehend verschont und Tausende Menschenleben gerettet.

Oberst Gustav Petri - "Retter von Wernigerode"
- Privatarchiv Petri
Oberst Gustav Petri - "Retter von Wernigerode" - Privatarchiv Petri
  • Das Lager am Veckenstedter Weg, in dem nach der Auflösung des KZ-Außenkommandos seit Januar fluchtverdächtige und der Sabotage verdächtige oder überführte Zwangsarbeiter aus Westeuropa unter KZ-ähnlichen Bedingungen eingesperrt waren, wird am 11. April von Soldaten des 19. Korps der 19. US-Infanterie-Division befreit.

  • Die 9. Amerikanische Panzerarmee besetzt am 11. April zwischen 15 und 19 Uhr die Stadt, nachdem sie am gleichen Tage Ilsenburg kampflos genommen hat.

Zwangsarbeiter empfangen amerikanische Soldaten
- Mahn-und Gedenkstätte Archiv
Zwangsarbeiter empfangen amerikanische Soldaten - Mahn-und Gedenkstätte Archiv
  • Am 12. April treffen sich anonym ehemalige Mitlieder der KPD.

  • Am 15. April erscheinen mehrere hundert freigelassene Häftlinge aus dem KZ Langenstein in Wernigerode und fordern Einkleidung und die Möglichkeit, in ihre Heimat transportiert zu werden. Ein anderer Teil verlangt zunächst erst einmal eine "Schonzeit". Da das Hotel "Lindenberg", bisher als Lazarett genutzt, zur Zeit leer steht, werden ca. 120 Personen dort eingewiesen und versorgt. Die Einkleidung erfolgt durch Spenden nach einem Aufruf an die Bevölkerung.

Hotel "Lindenberg" in den 1920er Jahren
- Stadtarchiv Wernigerode
Hotel "Lindenberg" in den 1920er Jahren - Stadtarchiv Wernigerode
  • Am 18. April läßt der amerikanische Stadtkommandant nach ehemaligen Stadtverordneten suchen, die nicht Mitglied der NSDAP waren. Die gefundene Gruppe aus Kommunisten, Bürgerlichen und Sozialdemokraten schlägt zunächst den früheren 2. Bürgermeister, Herrmann Reichard (SPD) vor. Der amerikanische Stadtkommandant bestimmt dann aber Max Otto (SPD) zum 1. Bürgermeister. Am 20. April bestätigt der Kommandant den neuen Magistrat, dem weiter angehören: Otto Deutsch (KPD), 2. Bürgermeister, Stadtverordnetenvorsteher Otto Büchting, Rechtsanwalt Momsen und Plander (Bürgerliche), Richard Bartels, Paul Menger, Walter Niemann (alle SPD) und August Willecke (KPD).

Otto Deutsch (KPD) wird als 2. Bürgermeister eingesetzt.
- Mahn-und Gedenkstätte Archiv
Otto Deutsch (KPD) wird als 2. Bürgermeister eingesetzt. - Mahn-und Gedenkstätte Archiv
  • Am 17. April verlässt die Belegschaft der Wetterstation den Brocken nach einer Warnung vor einem amerikanischen Fliegerangriff.

ursprüngliche Ruhestätte für 8 Deutsche Soldaten, das Kreuz von Oberst Petri in der Mitte - 1945
- Stadtarchiv Wernigerode
ursprüngliche Ruhestätte für 8 Deutsche Soldaten, das Kreuz von Oberst Petri in der Mitte - 1945 - Stadtarchiv Wernigerode
  • Am 19. April erreicht das 29. Infanterieregiment der USA Schierke und besetzt den Brocken, nachdem am gleichen Tag in der 6. Abendstunde etwa 20 englische und amerikanische Bomber denselben zerstört hatten. Die Kampfhandlungen werden beendet. Ein Vergeltungsschlag der Amerikaner wird durch den Ortskommandanten Drube und den Pfarrer Ritscher verhindert.

    Bei der Verteidigung von Schierke fallen 50 deutsche Soldaten.

Bombardierung des Brockens
- Mahn-und Gedenkstätte Archiv
Bombardierung des Brockens - Mahn-und Gedenkstätte Archiv
  • Der bisherige Bürgermeister Ulrich von Fresenius wird am 20. April von der amerikanischen Besatzungsmacht seines Amtes enthoben.

    Am 23. April ergibt sich die 11. Deutsche Armee mit ca. 75000 Mann unter General Walther Lucht nach verlustreichen Kämpfen südwestlich von Michaelstein bei Blankenburg.

Richard Bartels
- privat
Richard Bartels - privat
  • Die amerikanischen Besatzungstruppen übernehmen als erste nach der Kapitulation die Macht. In den sechs Wochen ihrer Anwesenheit wechseln sie siebenmal den Kommandanten, dessen erste Amtshandlung jeweils die Einbestellung des Bürgermeisters ist verbunden mit ständig neuen Wünschen und Forderungen, wie Ablieferung von Fotoapparaten, Musikinstrumenten, Tennisschläger und -bälle u.a..

Amerikaner in Wernigerode
- Archiv Mahn- und Gedenkstätte
Amerikaner in Wernigerode - Archiv Mahn- und Gedenkstätte
  • Bis zum 30. Mai werden aus der Stadtverwaltung 35 Beamte und Angestellte entfernt, da sie der NSDAP angehörten.

  • Die Kreditinstitute in Wernigerode nehmen im Mai den normalen Geschäftsverkehr wieder auf. Lediglich die Barauszahlungen müssen zunächst beschränkt werden, bis der Bahn- und Postverkehr die Heranbringung neuer Barmittel ermöglicht.

Ein amerikanischer Sergeant der 8.Panzerdevision (siehe Symbol) schnitzt seine Freude über das Kriegsende in eine Stuhllehne des späteren Karl-Marx-Hauses. Der Stuhl befindet sich heute im Fundus des Harzmuseums.
- Dieter Oemler
Ein amerikanischer Sergeant der 8.Panzerdevision (siehe Symbol) schnitzt seine Freude über das Kriegsende in eine Stuhllehne des späteren Karl-Marx-Hauses. Der Stuhl befindet sich heute im Fundus des Harzmuseums. - Dieter Oemler
Kriegsschäden an der Hauptpost
- Dieter Oemler
Kriegsschäden an der Hauptpost - Dieter Oemler
  • Auf Anordnung der britischen Militärregierung gibt der Bürgermeister der Stadt Wernigerode am 7. Juni bekannt, dass in jedem Hause ein namentliches Verzeichnis der darin befindlichen Bewohner anzubringen ist.

  • Am 9. Juni erscheint als erste Tageszeitung nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht und dem Sturz des Naziregimes das amtliche Nachrichtenblatt der britischen Militärregierung, "Zwischen Harz und Huy". Die britische Militärregierung hat "ihr Erscheinen in großzügiger Weise genehmigt und kontrolliert ihren Inhalt".

    Das amtliche Nachrichtenblatt für den Kreis Wernigerode soll nach dem Willen der britischen Militärregierung gleichzeitig Sprachorgan der antifaschistischen Einheitsfront sein und der politischen und kulturellen Aufklärungsarbeit dienen. Aufbauwillige Kräfte unserer Heimat sind aufgerufen, an der Gestaltung mitzuwirken.

erste Tageszeitung nach dem Zweiten Weltkrieg
- Stadtarchiv Wernigerode
erste Tageszeitung nach dem Zweiten Weltkrieg - Stadtarchiv Wernigerode
  • Der englische Stadtkommandant bewilligt am 20. Juni die Zulassung von Gewerkschaften, die Parteien bleiben verboten.

  • In der "III. Woche der 76. Zuteilungsperiode vom 11.6. - 17.6." werden auf den entsprechenden Kartenabschnitten folgende Lebensmittel "pro Normalverbraucher über 18 Jahre" zugeteilt: 1.700g Brot, 200g Fleisch, 100g Fett, 225g Zucker und 175g Marmelade.

  • Die Ausgehzeiten werden ab 15. Juni neu festgelegt, von morgens 5:00 Uhr bis abends 22:45 Uhr. "Die Zeiten sind genau einzuhalten."

  • Ab 16. Juni nehmen die städtischen Dienststellen (Standesamt, Steueramt, Rechnungsprüfungsamt, Bürgermeister, Hauptbüro, Schulbüro, Wohnungsamt) wieder im Rathaus ihre Tätigkeit auf, nachdem diese vorübergehend im Gebäude Marktstraße 18 untergebracht waren.

Rathaus um 1985
- Stadtarchiv Wernigerode
Rathaus um 1985 - Stadtarchiv Wernigerode
  • Im Juni wird der Eil-, Fracht-, Express- und Güterverkehr wieder aufgenommen, nachdem die Züge von Wernigerode aus wieder in beide Richtungen verkehren.

  • Am 17. Juni fordert der Schulleiter der Hasseröder Volksschule im Amtlichen Nachrichtenblatt der britischen Militärregierung die Schüler auf, am 18. Juni um 8:30 Uhr auf dem Schulhof Pfälzergasse 9 zur "Neueinteilung für Hilfsarbeiten" zu erscheinen. "Wer ohne vorherige und ausreichende Entschuldigung bei den Klassenlehrern nicht erscheint, wird der Ortspolizeibehörde zur Bestrafung gemeldet."

Aufräumarbeiten in Wernigerode
- Mahn-und Gedenkstätte Archiv
Aufräumarbeiten in Wernigerode - Mahn-und Gedenkstätte Archiv
  • Auf Anordnung der britischen Militärregierung (20. Juni) hat die Stadt Wernigerode für 200 Frauen, 100 Männer und 60 Kinder Bekleidung zu liefern. Auf Grund dieser Anforderung verpflichtet der Bürgermeister alle ehemaligen Mitglieder der NSDAP (die Mitgliederlisten liegen vor) diese Sachen sofort und freiwillig bei der Polizeiwache abzuliefern. Bei Nichtbeachtung wird mit drastischen Sanktionen gedroht.

  • Am 21. Juni findet im Stadtgarten eine "deutsche Veranstaltung" mit 30 Solisten statt, ein einmaliges Sondergastspiel mit Kurt Bierstedt und seinem "Attraktions-Groß-Schauorchester" mit der musikalischen Revue "Wir machen Musik".

  • Einheiten der Roten Armee übernehmen am 1. Juli die Stadt.

    Der sowjetische Kommandant nutzt bis 1956 das durch die Bodenreform enteignete Erbprinzenpalais.

Der erste sowjetische Stadtkommandant in Wernigerode, Oberst Stepan Maksimowitsch Misko, besucht mit seiner Gattin 1979 Wernigerode zum 750. Stadtjubiläum
- Dieter Oemler
Der erste sowjetische Stadtkommandant in Wernigerode, Oberst Stepan Maksimowitsch Misko, besucht mit seiner Gattin 1979 Wernigerode zum 750. Stadtjubiläum - Dieter Oemler
"Reichshof" Marktstraße
- Stadtarchiv Wernigerode
"Reichshof" Marktstraße - Stadtarchiv Wernigerode
  • Am 12. Juli wird eine Ortsgruppe der KPD gegründet. Der Befehl Nr. 2 der SMAD (Sowjetische Militäradministration Deutschlands) vom 10. Juni eröffnete die Möglichkeit zur Bildung von Parteien.

  • Wernigerode nimmt 16.000 Umsiedler/Vertriebene auf. Die Bevölkerungszahl verdoppelt sich auf 48.000.

Harzquerbahn 1959
- Mahn-und Gedenkstätte Archiv
Harzquerbahn 1959 - Mahn-und Gedenkstätte Archiv
  • Am 9. August beginnt wieder der Fernsprechverkehr im Kreisgebiet.
  • Im August werden mit dem Befehl Nr. 23 der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) auch die Lazarette in Wernigerode aufgelöst. Die beiden Häuser des ehemaligen Hotels "Eichberg" werden weiter als Krankenhaus genutzt, jetzt für den zivilen Bereich. In der Villa gibt es eine Station für Hautkrankheiten unter Leitung von Dr. Graf.

  • Am 13. August eröffnet der aus Straßburg im Elsass stammende Kinderarzt Dr. Wolfgang Kiel im früheren von Eduard Lührmann geführten Hotel "Essener Hof" in der Forckestraße eine private Kinderklinik mit 80 bis 100 Betten.

Ehemalige "Kielsche Klinik" in der Forckestraße
© Wolfgang Grothe
Ehemalige "Kielsche Klinik" in der Forckestraße © Wolfgang Grothe
  • Am 14. und am 15. August veranstaltet der "Musikverein der Stadt Wernigerode" im großen Saal des "Stadtgartens" ein Opernkonzert.

  • Otto Grotewohl (SPD) ruft im "Hotel Monopol" während einer stark besuchten Veranstaltung in einer leidenschaftlichen Rede zur Vereinigung der beiden Arbeiterparteien SPD und KPD auf.

  • Durch die Bodenreform wird der gesamte Besitz des Fürsten von Stolberg-Wernigerode in der sowjetischen Besatzungszone, also auch das Schloss, entschädigungslos enteignet und in "Volkseigentum" umgewandelt.

Festsaal im Schloss
- Dieter Oemler
Festsaal im Schloss - Dieter Oemler
  • Laut Befehl der sowjetischen Militäradministration (SMAD) sollen die Schulen ab 1. Oktober wieder für den Unterricht geöffnet werden. Wegen einer Typhusepidemie, die sich auf ganz Deutschland ausgebreitet hatte, müssen die Schule am 10. Oktober wieder geschlossen werden. Am 13. November werden sie erneut geöffnet.

  • Die Einwohner erhalten seit Kriegsende Lebensmittelkarten. Wöchentlich werden von der Stadtverwaltung die Mengen für die angegebenen Kartenabschnitte mitgeteilt. Zum Beispiel erhält ein Normalverbraucher über 18 Jahre in der Zeit vom 15. bis 31. Oktober: 500g Brot, 50g Fleisch, 5g Fett, 125g Zucker, 200g Kaffeeersatz, 31,25g Käse und 500g Gemüse.

  • Am 3. November wird in Wernigerode eine Ortsgruppe der CDU gegründet unter dem Vorsitz von Paul Achenbach.

  • Am 4. November wird unter dem Intendanten Hans Thiede das "Wernigeröder Theater" gegründet. Spielstätte ist der "Stadtgarten". Es wird bis 1949 existieren.

  • Am 4. November wird in Wernigerode der "Kulturbund" gegründet.

  • Die (Eduard-)Hindersinstraße (Preußischer General, * 18. Juli 1804 in Wernigerode) wird in die Albert-Bartels-Straße (1. Vorsitzender und Mitbegründer des SPD-Ortsvereins) umbenannt.

  • Der ehemalige Bürgermeister Dr. med. Kruska (*1853) stirbt. Eine Straße in Hasserode wird Kruskastraße genannt.

  • Am 4. Oktober ordnet der Bürgermeister eine "Allgemeine Typhusschutzimpfung der gesamten Bevölkerung, einschließlich aller Umquartierten und Flüchtlinge der Stadt Wernigerode" an. Die Notwendigkeit wird begründet. Jeder muss sich dieser Pflichtimpfung unterziehen, mit Ausnahme der Kinder unter 4 Jahre und Personen, die zur Zeit an einer schweren Erkrankung leiden. Wer sich der Impfung entzieht, muss mit polizeilichen Strafmaßnahmen rechnen. Schulkinder werden geschlossen in ihrer Schule geimpft.

  • Die Leichtmetallfirma Rautenbach wird enteignet und demontiert. Sie war während der NS-Zeit Teil der Rüstungsindustrie und hatte Zwangsarbeiter beschäftigt.

    Ein Teil der Firma wird als "Metallgusswerk Wernigerode" weiter betrieben.

Storchmühle
- Stadtarchiv Wernigerode
Storchmühle - Stadtarchiv Wernigerode
  • Der Bürgermeister gibt am 15. Dezember bekannt, dass in der Zeit vom 19. bis 22. des Monats eine einmalige Wohnungsbauabgabe an die Stadthauptkasse zu entrichten ist.