Wernigerode im Jahr 1914
Die Stadt verfügt einschließlich des noch kommunal selbständigen Nöschenrode über 79 Industriebetriebe (11 Mühlen, ein holzverarbeitendes Werk, eine Fabrik für photographische Papiere, vier Brauereien, Brandweinbrennereien, Likör- und Zigarrenfabriken, Buchdruckereien, Farbenfabriken, Schokoladenfabrik).
In der Bahnhofstraße 18 wird eine Knaben-Mittelschule eröffnet. Damit besitzt Wernigerode mit dem nun dazugehörenden Hasserode neben dem Gymnasium über vier Volksschulen (je eine Knaben- und eine Mädchen-Volksschule in Wernigerode und in Hasserode), zwei Mittelschulen (eine für Jungen und eine für Mädchen) und für die "höhere Mädchenerziehung" das "Fürstin-Anna-Lyzeum".
Der Beginn des 1. Weltkrieges löst auch in Wernigerode wie in anderen deutschen Städten eine wahre Kriegsbegeisterung aus. Die "Wernigeröder Zeitung und Intelligenzblatt" schreibt am 15. August: "Mit Stolz lesen wir allenthalben, daß die Zahl unserer Kriegsfreiwilligen so groß ist, daß der vorläufige Bedarf unseres Heeres reichlich gedeckt ist. Die Meldungen sind so zahlreich, wie sie selbst optimistische Berechner nicht voraussehen konnten...".
Neue Wernigeröder Zeitung - Harzer Wochenblatt - Verlag Jüttners Buchhandlung - 3. September 2014 Nr.18 S.4
Mit 19 571 Einwohnern (mit Nöschenrode 21 749) geht Wernigerode in den Ersten Weltkrieg. Wernigerode wandelt sich in eine Lazarettstadt. Viele Hotels und Fremdenheime werden in Abteilungen des Reserve-Lazaretts Wernigerode umgewandelt. Bereits in den ersten Monaten des Krieges treffen die ersten 280 Verwundeten ein. Ab Ende 1914 bis 1918 befinden sich ständig 900 bis 1000 Verwundete in der Stadt.
Neue Wernigeröder Zeitung - Harzer Wochenblatt - Verlag Jüttners Buchhandlung - Nr.17 vom 20.08.2014
Am 8. August findet die erste Kriegssitzung der Stadtverordneten statt, die von "vaterländischem Geist" erfüllt ist.
Bürgermeister Ebeling tritt nach dem Bericht des "Wernigeröder Intelligenzblattes" entschlossen und patriotisch auf und richtet sich nach der Ankündigung: "die Pflicht sei die Beschäftigung mit dem Alltäglichen" an die anwesenden Magistratsmitglieder und Stadtverordneten.
Es fehlen Krankenschwestern für die Arbeit im Lazarett. Im Intelligenzblatt erscheint am 16. November ein erster Aufruf, sich für diese Tätigkeit zu bewerben.
Obwohl zu Beginn des Krieges dem Roten Kreuz 5.000 Schwestern, 1.000 Hilfsschwestern und Helferinnen zur Verfügung standen, wurde bald ersichtlich, dass diese Anzahl nicht ausreicht, um die vielen Opfer der Front zu versorgen.