Wernigerode im Jahr 1848

  • Nach den revolutionären Ereignissen in Berlin kommt es auch in der Grafschaft Wernigerode zu heftigen Bevölkerungsunruhen. Nahezu alle Gemeinden wenden sich mit "März-Petitionen" an die gräfliche Regierung.
    Vor allem fordern die Bürger die Abschaffung noch vorhandener feudaler Lasten und die Beseitigung der Vorrechte des Grafen in der Gemeindeverwaltung und im Gerichtswesen.

  • Auf dem Rathaus Wernigerode weht erstmals die schwarz-rot-goldene Fahne. Der Bürgermeister Wilhelm Julius Hertzer (1814-1872) hatte dazu am 24. März die Zustimmung des Grafen Henrich eingeholt. Dieser hatte bemerkt, er fände es "nur angemessen", wenn "diese Fahne aufgesetzt werde".

  • Am 27. März veröffentlicht das "Wernigeröder Intelligenzblatt" eine Bekanntmachung den "Holzverkauf aus freier Hand betreffend", die Erleichterungen für die Einheimischen beim Erwerb von Holz in Aussicht stellt.
    "Es ist zwar bei den im Wege der Auktion angeordneten Holz-Verkäufe zum besten der Unvermögenden und der Käufer kleiner Holzportionen die Einrichtung beibehalten worden, daß das fichtene Stuken- und Anbruchholz aus freier Hand verkauft wird: indessen haben Seine Durchlaucht, unser gnädigst regierender Graf und Herr zur Erleichterung des Holzhandels sich bewogen gesehen, folgende weitere Anordnung zu treffen, in den sämmtlichen Gräflichen Forst-Revieren an Eingesessene hiesiger Grafschaft zum eigenen... Bedarf wiederum aus freier Hand zum Verkauf gestellt... Allerdings: reichen die Holzvorräthe... nicht aus, so müssen die Käufer eine unverhältnismäßige Reduktion ihrer Anforderungen sich gefallen lassen."

  • Am 31. März nimmt Graf Henrich zu Stolberg-Wernigerode mit einer Bekanntmachung zu den Petitionen Stellung. Er gesteht lediglich zu, bei der Besetzung der Pfarrstellen und der Ortsvorstände die Wünsche der Gemeinden berücksichtigen zu wollen.

  • Der Marktbrunnen wird in der Ilsenburger Eisenkunsthütte im neugotischen Stil gegossen.

"Wohltäterbrunnen" auf dem Markt
- Dieter Oemler
"Wohltäterbrunnen" auf dem Markt - Dieter Oemler
"Am Auerhahn" 2017
© Wolfgang Grothe
"Am Auerhahn" 2017 © Wolfgang Grothe
  • Am 12. Mai wird im Wernigeröder Schützenhaus, Ecke Sägemühlengasse/Salzbergtal, die "Liedertafel 1848" gegründet.
    Nach der Auflösung der Bürgerwehr, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Zusammenhang mit der Märzrevolution gebildet wurde, rief der Führer der Demokraten, Justizrat Haushalter, dazu auf, nicht einfach auseinanderzugehen, sondern einen Gesangverein zu gründen.

    Im Aufruf des "Wernigeröder Intelligenzblattes" vom 8. Mai hieß es: "Zur Bildung einer Bürgerliedtafel werden die Kameraden, welche sich beim Gesange beteiligen wollen, zur Veranstaltungsstätte im hiesigen Schützenhause am 12. Mai abends 7 Uhr freundlichst eingeladen".

  • Am 9. August wird die "Hasseröder Schützengesellschaft" gegründet. Es erscheinen 76 Mann, die das "Schützenbruderrecht" erwerben wollen. 1. Schützenmeister ist der Forstaufseher Friedrich Molle.

    Am 10. und 11. August findet auf der "Hohen Warte" oberhalb der neuen Kirche das erste "Hasseröder Freischießen" statt.

  • 26. November: Samuel Gottfried Erxleben gibt bekannt, "daß er unter heutigem Dato die Schenk- und Gastwirtschaft 'Zum Gothischen Hause' am Markte eröffnet hat". Die Geschichte des Hauses als Hotel und Gastwirtschaft beginnt.

    Zuvor erwarb Erxleben das Gebäude von Familie Stisser, nachdem er sein Haus in der Breiten Straße 11 ein Jahr zuvor bei dem Stadtbrand verlor.

    Wernigerödisches Intelligenzblatt - Nummer 216 - Dezember 1988 S. 7
Erneuerung des Hotels "Gothisches Haus" 1990
- Horst Duve
Erneuerung des Hotels "Gothisches Haus" 1990 - Horst Duve