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Beiträge von Wolfgang Grothe
- In der Stadt Wernigerode gibt es am Ende des Jahres neben 23.829 Stammbewohnern 12.719 Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten (Schlesien, Hinterpommern, Ostpreußen, Sudetenland u.a.). Im Sprachgebrauch der DDR werden sie als Umsiedler bezeichnet.
- Am 16. August informiert der Rat der Stadt, dass alle Anträge auf Erteilung von einmaligen Interzonenpässen, die zum Zwecke der Umsiedlung nach den Westzonen Deutschlands nur an Umsiedler ausgegeben werden. Die Landespolizeibehörde benötigt Bescheinigungen darüber, dass die Antragsteller Umsiedler sind. Die Ausstellung der Bescheinigungen erfolgt durch den Rat des Landkreises.
Stadtarchiv Wernigerode - WR III 6/1
- Sudetendeutsche Glasmacher und Schleifer gründen in Derenburg eine Glashütte, die nördlichste Glashütte Deutschlands und einzige in Sachsen-Anhalt.
- Im 1804 geschlossenen Grubenrevier "Aufgeklärtes Glück" im Thumkuhlental beginnt die SDAG (Sowjetisch-Deutsche-Aktiengesellschaft) mit Probebohrungen nach Wismut (Uranerz). Die Probebohrungen werden 1951 ergebnislos abgebrochen.
- Im Gründungsjahr der DDR beträgt die Bierproduktion der Hasseröder Brauerei 22.500 Hektoliter.
- Der greise dänische Schriftsteller Martin Andersen Nexö nimmt an der feierlichen Einweihung der Betriebsberufsschule des Elektromotorenwerkes Wernigerode am 3. Dezember teil und verleiht der Schule seinen Namen, BBS "Martin - Andersen - Nexö".
- Zum 70. Geburtstag des sowjetischen Führers Stalin am 21. Dezember finden in allen großen Wernigeröder Betrieben Huldigungsfeiern statt. Auch die Stadtverordneten von Wernigerode und die Abgeordneten des Landkreises Wernigerode versammeln sich zu einer gemeinsamen "Feierstunde", um Stalin "in Liebe und Verehrung zu gedenken". Im Rathaussaal preist der Festredner den "Führer des Sowjetvolkes" als "bedeutendste politische und menschliche Persönlichkeit der Gegenwart". Seine Worte gipfeln in der beschwörenden Botschaft: "Wir grüßen Generalissimus Stalin mit dem heißen Wunsch, dass ihm noch viele Jahre bester Gesundheit und voller Schaffenskraft beschieden sein mögen. Es lebe Stalin, der beste Freund des deutschen Volkes."
- In der Ilsenburger Straße wird für das Elektromotorenwerk Wernigerode ein Kindergarten gebaut.
- Am 25. Oktober wird im Elektromotorenwerk der 10 000 Motor fertiggestellt.
- Das Hospital am Nikolaiplatz 2 wird als Sitz des "Volkspolizei-Kreisamtes" bestimmt. Die ersten Bewohner werden in die vom Fabrikdirektor Hugo Hendeß erbaute Villa, Unterm Ratskopf 53, verlegt. Für die Siechen werden die ehemals den Rautal-Werken gehörenden Baracken im Veckenstedter Weg 43 ausgebaut, um hier ein "Kreis-Pflegeheim" zu schaffen.
- Am 13. Oktober werden im VEB Elektromotorenwerk die ersten "Aktivisten" für hervorragende Leistungen ausgezeichnet. Diese Auszeichnung ist mit einer Urkunde, einer Medaille und einer Geldprämie verbunden. Durch seine Produktionsergebnisse hat sich der Betrieb zu einem der wichtigsten Zulieferbetriebe von elektrischen Antrieben in der Industrie entwickelt.
- Im Fotopapierwerk Wernigerode werden bei staatlichen Kontrollen finanzielle Unregelmäßigkeiten in Höhe von einer Million Mark festgestellt. Mit 90 Männern und Frauen wird das Werk als Treuhandbetrieb weitergeführt.
- Die "Hohlglasveredelungs-Genossenschaft eGmbH Wernigerode", gegründet nach dem Zweiten Weltkrieg von Umsiedlern aus Böhmen, wird am 1. Mai in Volkseigentum übernommen und führt unter der Bezeichnung "VVB der Leichtindustrie Sachsen-Anhalt - Hohlglasveredelung Wernigerode" ihre Tätigkeit fort.
- Am Nicolaiplatz wird eine Kinderbibliothek eingerichtet mit einem Kinderbuchbestand von 490 Büchern.
- Die Einwohnerzahl der Stadt beträgt nach dem Zuzug vieler Flüchtlinge und Umsiedler/Vertriebenen aus den Gebieten östlich der Oder und aus dem Sudetenland 33.890.
- Am 1. Juni wird die "Sing- und Spielgemeinschaft" von einem Kreis junger Menschen, die sich für Gesang, Volkskunst und für das Jodeln interessieren gegründet.
- Am Vorwerk entstehen im Rahmen der zur "Volkssolidarität" gehörenden Aktion "Wir bauen auf" die ersten Wohnneubauten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
- Im ehemaligen Gutshaus Minsleben wird eine Grundschule eröffnet.
- In der Villa des Arztes Dr. Riedel in der Albert-Bartels-Straße 9 wird die erste Poliklinik der Stadt eröffnet.
- An der Landwirtschaftsschule in der Kurtsstraße beginnen Studiengänge im Fernstudium für bereits in der landwirtschaftlichen Praxis tätige Leiter, mit dem Ziel, sie als "Staatlich geprüfte Landwirte" auszubilden.
- Der auf dem Blockshornberg befindliche Luftschutzstollen wird planiert und als Kinderspielplatz ausgebaut.
- Seit Kriegsende prüft die "Wismut AG" (SDAG - "Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft") alte Bergbaustandorte westlich von Wernigerode, ob hier abbauwürdige Uranvorkommen vorhanden sind. Zum Glück für Wernigerode und die Umwelt ist dies nicht der Fall.
- Am 1. Dezember findet in Wernigerode ein Kreis-Funktionärstreffen der FDJ ("Freie Deutsche Jugend") statt. Als einzige zugelassene Jugendorganisation in der "Deutschen Demokratischen Republik" übt sie auf die Mehrheit der Jugendlichen eine echte Anziehungskraft aus und ist eine antifaschistisch-demokratische Alternative für die durch die Nazi-Ideologie und deren Folgen verführte, enttäuschte und orientierungslose junge Generation.
- Versuche der SED-Kreisleitung, in Wernigerode den traditionellen Weihnachtsmann durch das russische "Väterchen Frost" zu ersetzen, werden aufgegeben. Weihnachtsbäume schmücken wieder die Stadt und die Wohnungen.
- Die "Storchmühle" wird entsprechend des Befehls 176 der Sowjetischen Militär Administration (SMAD) vom Konsumgenossenschaftsverband eGmbH Halle/Saale als Großgaststätte übernommen.
- Am 28. Juni beschließen die Stadtverordneten von Wernigerode, den "Bahnhofsplatz" in "Stalinplatz" umzubenennen.
- Ab 1. Oktober wird das Gebäude des Nöschenröder Schützenhauses, Zwölfmorgental 3, komplett als Kindergarten genutzt, nachdem es nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als Gaststätte genutzt wurde.
- Mit der Anlage des Zentralfriedhofs wird begonnen.
- Das Elektromotorenwerk Wernigerode baut erste Hochspannungsmotoren.
- Gründung des späteren Rundfunk-Jugendchores Wernigerode durch Friedrich Krell, welchen dieser bis 1996 leitet.
- Otto Büchting, geboren 1868, Lederfabrikbesitzer, Stadtverordneter von Wernigerode 1902 bis 1933 und 1946 bis 1951 stirbt am 16. Juni in Wernigerode.
- Der seit 1945 an der Spitze der KPD/SED - Kreisparteiorganisation stehende Karl Glänzel wird wegen "gefährliches Versöhnlertum und Nichtbeachtung der Beschlüsse des III. Parteitages" abgelöst. In den SED-Parteiorganisationen der Wernigeröder Industriebetriebe kommt es im "Kampf gegen den Sozialdemokratismus" zu Veränderungen in den Parteiführungen.
Volksstimme - 10.02.1951
- In Schierke wird das Hotel "Fürst zu Stolberg" enteignet, in Volkseigentum überführt, umgebaut und als Hotel "Heinrich Heine" genutzt.
- Anfang der 1950er Jahre kommt es immer wieder zu größeren Waldbränden im Stadtwald. Die Ursachen sind neben Brandstiftung oder Rauchen der Funkenflug der mit minderwertiger Kohle befeuerten Lokomotiven der Harzquerbahn.
- Auf dem Blockshornberg wird eine Freilichtbühne gebaut.
- Am 26. September wird das alte und bekannte "Café Wien" als Treffpunkt für Einheimische und Urlauber wieder eröffnet.
- Das Stadttheater Wernigerode wird vom Volkstheater Halberstadt übernommen.
- Auch zwischen dem Kreis Wernigerode (DDR) und den Kreisen auf niedersächsischer Seite (Bundesrepublik) wird ein Sperrgebiet eingerichtet. "Politisch unzuverlässige Personen" werden aus dem Sperrgebiet zwangsausgesiedelt (Aktion "Ungeziefer"). Aus dem Sperrgebiet des Kreises Wernigerode werden 158 Personen in einer "Nacht-und-Nebel-Aktion" am 28./29. Mai ausgesiedelt und in die Landkreise Torgau und Querfurt gebracht. Die erste Aktion war jedoch schlecht vorbereitet. So konnten sich viele zur Umsiedlung vorgesehene Einwohner durch eine spontane Flucht in die Bundesrepublik der Zwangsumsiedlung entziehen. "Am Morgen des 7. Juni fuhren um 6.00 Uhr die Lastkraftwagen vor. Die betroffenen Personen wurden informiert, und im Laufe des Tages fand der Abtransport zum Bahnhof statt, wo die Züge um 20.00 Uhr abfuhren, so dass die Betroffenen in den frühen Morgenstunden zwischen 3.00 und 5.00 Uhr am Zielort eintrafen." Insgesamt wurden damit in beiden Aktionen aus dem Kreis Wernigerode 297 Personen zwangsausgesiedelt.
- Der Wald der Stadt Wernigerode und der sich im Privatbesitz befindliche Wald wird enteignet und dem Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb übergeben. Damit gehört der Wald nicht mehr der Kommune sondern ist "Volkseigentum".
- Von 1952 bis 1990 gehört nach der Auflösung des Landes Sachsen-Anhalt der Kreis Wernigerode zum Bezirk Magdeburg.
- Im Kreis Wernigerode gibt es 140 Kulturgruppen für Volkskunst.
- In Minsleben gründen sechs Bauern die LPG "Einheit" ("Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft").
- Ein Teil der Parkanlage der Jugendherberge "Ernst Lehmann" wird im Nationalen Aufbauwerk (NAW) neu gestaltet und für die Öffentlichkeit geöffnet.
- Das Alten- und Pflegeheim "Nicolaihospital" wird geschlossen und die Bewohner in die Baracken des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers am Veckenstedter Weg verlegt. Aus dem Hospital wird das Volkspolizei-Kreisamt.
- Der größte Wernigeröder Betrieb "Elmo" baut auf dem Gelände in der Ilsenburger Straße einen Kindergarten. Der von den Eltern zu zahlende Tagessatz beträgt 35 Pfennige.