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Beiträge von Wolfgang Grothe
- Wernigerode gehört zum "Land Sachsen-Anhalt". Auf Befehl der Sowjetischen Besatzungsmacht vom 21. Juli ging die "Provinz Sachsen-Anhalt" in den Status eines Landes über.
- Der II. Bürgermeister, Mause, wendet sich mit einem Aufruf an die Bevölkerung von Wernigerode: "Wernigeröder laßt eure Herzen sprechen! Seit etwa drei Wochen befinden sich in den Heimkehrerlagern `Küsters Kamp´ und Hasseröder Hof 80 Heimkehrer, die heimatlos und vorerst noch ohne ihre Familien sind, In den verflossenen Wochen ist von den Frauen des Antifaschistischen Frauenausschusses schon gesammelt worden. Die Sachen reichen aber nicht aus, um auch nur den allernotwendigsten Bedarf zu decken. Vor allen Dingen fehlt es an Anzügen, Mänteln, Unterwäsche und Schuhwerk" . Der Bürgermeister ruft zu Opfern auf und bittet, diese Sachen zu spenden.
Stadtarchiv Wernigerode - WR III 6/2
- Im ehemaligen Schützenhaus der "Nöschenröder Schützen" im Zwölfmorgental wird ein Kindergarten eingerichtet.
- Nachdem die Nutzung des Hotels "Heinrich Heine" in Schierke als Sanatorium für die Sowjetische Besatzungsmacht verworfen wurde, wird ab Ende April das Hotel trotz großer Schwierigkeiten bei der Belieferung mit Brennstoffen nun endgültig wiedereröffnet.
- Das ehemalige Barackenlager für Zwangsarbeiter im Veckenstedter Weg wird Kreispflegeheim. Das ehemalige Siechenhaus Sankt Nicolai wird aufgelöst.
- Trotz eisiger Temperaturen im Winter 1946/47 wird im Elektromotorenwerk Wernigerode der Grundaufbau der Halle I ohne irgendwelche technischen Hilfsmittel, mit mangelhaften Materialien und dazu ungenügender Versorgung der Beschäftigten mit Grundnahrungsmitteln in Angriff genommen.
- Am 1. Mai wird auf einer Mai-Kundgebung im Elektromotorenwerk Wernigerode bekannt gegeben, dass die ersten 200 Motoren mit einer Größe von 11 kW fertiggestellt sind.
- Im Fotopapierwerk beginnen umfangreiche Bauarbeiten. Für die Rohstoffe und die Fertigprodukte gibt es bessere Lagermöglichkeiten. Außerdem wird ein Labor geschaffen.
- Der "Freie Deutsche Gewerkschaftsbund" FDGB übernimmt das "Hotel Monopol" vom bisherigen Eigentümer Struckmeyer als Geschäftsstelle.
- Sämtliche Verwaltungsfunktionen werden von den sowjetischen Besatzern den deutschen Behörden übergeben.
- Die Entnazifizierungskommission setzt ihre Arbeit mit öffentlichen Anhörungen und Entscheidungen fort.
- Die durch den Krieg unterbrochenen Arbeiten im Inneren des Rathauses werden abgeschlossen. Am 30. April wird der Festsaal des Rathauses eingeweiht.
- In den "Amtlichen Bekanntmachungen für den Landkreis und die Stadt Wernigerode" werden für Lehrgänge geeignete Personen gesucht, die sich zu Fachlehrern der russischen Sprache ausbilden lassen wollen.
- Die "wesentlichste wirtschaftliche Aufgabe" des Jahres 1948 ist die Erfüllung des Programms für die Einrichtung von Neubauerngehöften.
- Im zweiten Halbjahr eröffnet "der sozialistische Handel" in Wernigerode den HO-"Ratskeller" und die Gaststätte "Vier Jahreszeiten", "um dem Schwarzmarkt Paroli zu bieten". Es folgen erste HO-Textilverkaufsstellen (Ecke Breite Straße/Burgstraße) und erste HO-Lebensmittelverkaufsstellen (Westernstraße).
- Die ehemalige Mädchen-Volksschule Unter den Zindeln erhält den Namen "Thomas Müntzer".
- Richard Bartels, Mitglied des Kreissekretariats der SED, wird wegen Zugehörigkeit in einer illegalen SPD-Gruppe verhaftet.
- Vor der Großen Strafkammer des Landgerichts müssen sich die hauptverantwortlichen SA-Leute für den "Schandmarsch" 1933 verantworten. 80 Sozialdemokraten waren von sadistischen SA-Leuten zum Teil schwer misshandelt worden. Wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" werden der 47 Jahre alte Buchdrucker Erich Göbel (Hauptverantwortlicher), der 49 Jahre alte Hilfsschleifer Georg Baetge, der 49 Jahre alte Landwirt Bernhard Müller, der 48 jährige Maurer Gustav Heise, der 43 Jahre alte Tischler Hugo Heise und der 38 Jahre alte Former Hans Vick aus Wernigerode zwischen zehn Jahren und einem Jahr plus zwei Monaten Zuchthaus bzw. Gefängnis verurteilt.
Volksstimme - 22.10.1948 und Recherche von Ralf Mattern "SA-Leute werden nach ´Schandmarsch` verurteilt"
- Das "Burghotel" wird von der Kreishandwerkerschaft als Erholungsheim übernommen.
- Im August verfügt der Rat des Kreises zur Verbesserung der Ernährungslage die Einrichtung eines "Freien Marktes". Erzeuger von landwirtschaftlichen Produkten haben die Möglichkeit, außerhalb des Abgabesolls noch vorhandene Produkte als "freie Spitzen" zum Dreifachen des Erzeugerpreises zum Verkauf anzubieten. Viele Not leidende Wernigeröder hatten zuvor in den umliegenden Dörfern bei Landwirten versucht, Tauschhandel zu treiben und persönliche Gegenstände, wie Teppiche, Schmuck, hochwertiges Geschirr u.a. gegen Lebensmittel zu tauschen.
- Die 1920 gegründete Firma Lauenstein produziert als VEB "Schokomasch" ("Schokoladenverarbeitungsmaschinen") hauptsächlich für den Export.
- Nach sowjetischem Vorbild werden auch in Wernigerode einheitliche Kinder- und Jugendorganisationen gebildet ("Junge Pioniere" und "Freie Deutsche Jugend").
- In Wernigerode ist eine Gemeinde von "Altlutheranern" tätig.
- Die Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) aus Aue unternimmt mit großem Einsatz den Versuch, in der ehemaligen Wismutgrube "Aufgeklärtes Glück" am Thumkuhlenkopf wieder Uranerz abzubauen.
- Am 1. April geht das Elektromotorenwerk Wernigerode in Volkseigentum über und nennt sich "VEB Elektromotorenwerk". Die Sowjetische Militäradministration (SMAD) hatte angeordnet, dass der Betrieb mit der Produktion von Elektromotoren bis zu einer Größenordnung von 11 kW zu beginnen habe.
- Im Juni wird das Stadttheater Wernigerode unter der Leitung des Intendanten Walter Baetz wieder eröffnet. Spielstätte ist der Stadtgarten. Die Stadtverordnetenversammlung fasst den Beschluss, dass das Theater von der Stadt einen wesentlichen finanziellen Zuschuss erhält und dafür auf die Spielplangestaltung Einfluss nimmt.
- Grund und Boden von Rudolf Kindermann im Mühlental werden von der "Sowjetischen Militäradministration" (SMAD) enteignet und die "Storchmühle" nun als "Volkseigentum der Konsumgenossenschaft" übergeben.
- Der "VEB Gießerei und Modellbau Wernigerode", hervorgegangen aus der enteigneten Leichtmetallfirma Rautenbach, ist die bedeutendste Aluminium-Gießerei in der Sowjetischen Besatzungszone.
- Vom 3. bis 10. April findet in der Stadt eine "Woche der Volkssolidarität" mit vielen Veranstaltungen statt.
- Alle über 15 Jahre alten Personen der Stadt deutscher Nationalität erhalten neue Personalausweise.
- Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt bestimmt, dass das Haus der Diakonie "Zum guten Hirten" wieder seinem ursprünglichen Zweck zugeführt wird und schwachsinnige Frauen und Mädchen aufnimmt.
- Der Stromverbrauch muss weiter kontingentiert werden. Um die Elektroenergie effektiver zu verteilen, werden für die Industrie und den privaten Bereich die Entnahmezeiten neu geregelt.
- In der Presse wird für die Ausbildung von Lehrern an Grundschulen geworben. Belastete Lehrer aus der NS-Zeit wurden aus dem Schuldienst entlassen.
- Am 12. November empfängt der sowjetische Kreiskommandant Oberst Besrutschenko den Vorsitzenden des Landkreises, Landrat Falkenbach, um ihm mitzuteilen, dass die Kreiskommandantur als Organ der Sowjetischen Militärverwaltung ihre Verwaltungstätigkeit eingestellt hat und die einschlägigen Funktionen mit allen Rechten und Pflichten in der Hand der deutschen Selbstverwaltung läge.
- Die Landwirtschaftsschule Wernigerode wird im Herbst mit Internat und landwirtschaftlichem Lehrhof neu eröffnet. Dazu wird ein ehemaliger Schafstall in der Kurtsstraße genutzt. Die Baumaßnahmen werden zum Teil in freiwilligen Eigenleistungen von Dozenten/Dozentinnen und Studierenden ausgeführt.
- Zu einer Typhusschutzimpfung werden alle Bürger, die in der Zeit vom 01. April 1889 und 31. Dezember 1942 geboren sind, verpflichtet.
- Im Kreis Wernigerode gibt es 112 Betriebe der Nahrungs- und Genussmittelindustrie (7274 Beschäftigte), darunter 22 volkseigene (5328 Beschäftigte).
- Den Feinkostladen von Großhennig in der Westernstraße übernimmt die HO (Handelsorganisation/staatlicher Handel). Die gestückelten Fensterscheiben erinnern an die Kriegszerstörungen.
- Der Saal des Restaurants "Gewerkschaftshaus" wird vom FDGB übernommen, der hier für seinen Feriendienst die Verpflegungsstätte "Leo Tolstoi" einrichtet.
- Auf dem Nicolaiplatz findet eine Großkundgebung aus Anlaß der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik statt.
- Vom Kunstmaler Bert Heller wird die Decke des Ratskellers mit Bildern Harzer Sagengestalten geschmückt.
- Nach der kriegsbedingten Schließung wird die Gaststätte "Eselskrug" wieder eröffnet.
- Im Haus Albert-Bartels-Straße 9 wird eine Poliklinik eröffnet.
- Der "Freie Deutsche Gewerkschaftsbund" (FDGB) übernimmt die nach Ende des 2. Weltkrieges enteignete Villa des Großindustriellen Rautenbach (Friedrichstraße 58/59) als Ferienheim "Georgi Dimitroff".